Das sind doch alles nur Ansichtssachen!
(Clubraum des „Man of Arts“ in Flowerston. Es wird geraucht- vornehmlich Zigarren, getrunken- vornehmlich Scotch und diskutiert- vornehmlich ungeheuer wichtigen Unwichtigkeiten.)
»Man kann doch die Sache von vielerlei Seiten betrachten. Ich hab gestern erst noch zu Professor Meilenstein gesagt, dass mich seine Meinung kalt lässt. Wenn er behauptet, der Turm von St. Bain wäre in seiner Hässlichkeit nicht zu übertreffen. Wie kann er sowas von sich geben? Soll er doch selber erst mal so einen Turm bauen. Was hat er denn schon geschaffen? Ok, Bücher hat er geschrieben, ich glaube es sind „drei“ bis jetzt. Aber auch er wird Kritiker haben die seine Werke einfach nur dumm finden und seine Ansichten in der Luft zerreißen, weil sie anderer Meinung sind. Ich finde man sollte in der Wahl seiner Worte schon ein bisschen umsichtiger sein und nicht das Werk eines großen Meisters wie Zácke Wiédenbruch mit verbalem Dreck bewerfen. Der Torre de St. Bain ist meiner Ansicht nach ein Prachtbau und wirkt durch seine willkürlich gesetzten Gesteinsformationen herrlich pittoresk. Jeder Maler kann sich glücklich schätzen St. Bain mit dem Beinamen „der Stattliche“ auf seine Leinwand bannen zu dürfen.«
»Aber lieber Herr Van Eden, nun echauffieren Sie sich doch nicht so, Sie sind ja schon ganz puterrot im Gesicht. Sie sagten doch gerade selbst es sind nur Ansichten und ich meine, jeder darf seinen eigenen Ansichten haben und sie auch kundtun. Wenn es einem nicht passt was der andere zu sagen hat, gibt es doch immer zwei Wege damit umzugehen. Erstere wäre, die Meinung zu ignorieren und sich sein eigenes Bild zu machen. Und zweitens könnte man den Verfasser dieser These doch auf seine Anschauung ansprechen und versuchen herauszufinden, warum er sich gerade diese Meinung gebildet hat. Das ist natürlich eine Konfrontationsgeschichte und man muss seine eigene Bereitwilligkeit erforschen ob man sich dem Anderen stellen möchte!«
»Ja, das habe ich mir gedacht, dass Sie nicht Willens sind eine ordentliche Stellung zu beziehen! Immer schön den Ball flach halten und nur nicht die Nase aus dem Loch rausstrecken, man könnt ja eine drauf kriegen. Ich will Ihnen mal eins sagen Herr Spitzel, Ihre langweilige Betrachtung dieser prekären Situation ist wirklich haarsträubend. Ihre Schlichtungsversuche können sie sich sparen«
»Was soll das denn jetzt heißen? Meiner Ansicht nach…«
»Ihrer Ansicht nach, aha- dann geht es hier als doch um Ansichten…«
»Aber Niemand hat hier etwas anderes behauptet…«
»Schön, Herr Spitzel, dann sagen sie „frank und frei“ ihre Meinung…«
»Nun das werde ich tun Herr Van Eden. Sie sind ein Choleriker und eins kann ich ihnen sagen: Sie haben die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen! Halt (hebt die Hand und wehrt eine Antwort ab), doch das ist nur meine Ansicht! (verlässt den Schauplatz des Geschehens)«
Ja Ansichten muss man vertreten können, man darf sie haben, aber manchmal sollte man sie auch für sich behalten. Ansichten sind halt doch Ansichtsache.
Meiner Ansicht nach, sind Ansichten nie indiskutabel. Nein, sie erhöhen die Reizschwelle eines guten Gespräches. Jeder hat ja andere Ansichten und das macht die Sache ja so interessant.
Angesichts der Lage sind Ansichten so unergründlich und grundverschieden wie die Menschen die sie haben. Wir teilen eine Ansicht und stellen fest, wie unterschiedlich doch unsere Wahrnehmung ist. Das subjektive Empfinden, die Einzigartigkeit der damit konfrontierten Person, die Prägungen des bisher gelebten Lebens - und schon verschieben sich die Ansichten. Rot wir rosa und gerade, ist wohl doch eher schief.
All diese Betrachtungen machen es unumgänglich den Anderen mit seiner Sichtweise stehenzulassen. Es gibt nicht immer ein Übereinkommen, trotz Überzeugungsversuchen. Manchmal bleiben die Ansichten des Anderen eben nur Wahrnehmbarkeiten aus seiner Erfahrung. Eigene Wahrheiten, die aus gelebter Überzeugung entspringen.
Der Mensch in seiner eigenen Persönlichkeit sieht durch die Augen seiner Individualität. Doch erstrebenswert ist es, über das „verstehen wollen“, mit den Augen des Gegenübers die Dinge zu betrachten. Jedoch der eigenen Egoismus seht einem da oft mit Macht im Weg.
Kommen wir zu Schluss zu
den Ansichten Gottes.
Was sieht Gott?
Wie sind seine Ansichten über den Menschen, über mich?
Es wurde schon x-mal aufgeschrieben, deshalb will ich es hier nicht wiederholen, bzw. ich versuche es in einem Satz zusammen zu fassen:
Gott liebt den Glöckner von Notre-Dame genauso sehr wie Heidi Klum. :-)
Und hier ein passendes
Pendant aus der Bibel
1 Samuel 16, 7
Aber der HERR sprach zu Samuel: Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn nicht sieht der HERR auf das, worauf ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.
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